Entwicklung der Kooperation seit 2019

Inhaltsverzeichnis

Nach dem die besondere Kooperation zwischen Nordrhein-Westfalen bereits in ihrer initialen Phase bis zur erneuten politischen Erklärung stark intensiviert und ausgebaut wurde, wird zum Vergleich nun die Entwicklung der Kooperation seit diesem Zeitpunkt anhand der drei Bereiche innere Sicherheit, Energie und Arbeitsmobilität fokussiert. Anhand der Jahres- und Mehrjahrespläne sowie Jahresberichte, sollen Ergebnisse und Vorhaben der Zusammenarbeit betrachtet werden. Im Anschluss daran wird der aktuelle Stand (Anfang 2025) skizziert, bevor ein abschließendes Fazit gezogen wird.

Einleitung

Nachdem während der Evaluationsperiode der Clingendael-Studie 2020 eine deutliche Intensivierung und Ausweitung der Kooperation zwischen der Benelux-Union und Nordrhein-Westfalen festgestellt werden konnte[1], gilt es nun, den Zeitraum seit der erneuten politischen Erklärung zwischen diesen beiden Partnern im Jahr 2019 zu betrachten. Auch in dieser Erklärung setzen sich NRW und die Benelux-Union das Ziel, die Potentiale der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit bestmöglich zu nutzen[2]. Im Vergleich zu der ersten Erklärung von 2008 ist festzustellen, dass nun die Vorhaben und Arbeitsbereiche innerhalb der Kooperation inhaltlich und deutlich konkreter benannt werden, z. B. Innere Sicherheit, Chemieindustrie, Klima oder Digitalisierung.

Um die Entwicklung der Kooperation seit dieser Erklärung untersuchen zu können, stützen sich die folgenden Ausführungen darauf, wie die Zusammenarbeit von NRW und der  Benelux- Union in Jahres- und Mehrjahresplänen und Jahresberichten dieser Zeit Erwähnung findet. Vornehmlich fokussiert die Analyse den Jahresplan 2020 und den Jahresbericht 2023, um die Vorhaben kurz nach der Evaluationsperiode der Studie sowie relativ aktuelle Arbeitsergebnisse nebeneinanderstellen zu können. Auch hier sollen zur Wahrung der Anschlussfähigkeit zu den vorangegangenen Ausführungen besonders die Themenfelder innere Sicherheit, Energie und Arbeitsmobilität betrachtet werden.

Innere Sicherheit

Im Jahresplan 2020 ist die polizeiliche Kooperation und die Teilnahme NRWs an Übungen und Weiterbildungen verankert[5], ebenso die Teilnahme an der Entwicklung eines Protokolls für grenzüberschreitende Operationen[6]. Ebenfalls festgehalten ist ein Austausch über den Umgang mit Krisensituationen und der Informationsaustausch in Krisensituationen[7]. Auch die Kooperation zur Verhinderung von Steuerbetrug im Sportpferdehandel wird hier erwähnt[8].

Der politischen Erklärung von 2019 ist zu entnehmen, dass im Bereich der inneren Sicherheit vor allem die Bekämpfung des Terrorismus und grenzüberschreitender Kriminalität sowohl die Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung anvisiert wird[3]. Maßnahmen, die dafür ergriffen werden sollen, sind die Intensivierung der Kooperation der Sicherheitsbehörden, der Austausch bewährter Praktiken und Entwicklung gemeinsamer Methoden, gemeinsamen Trainieren und Einsetzen von Einsatzformen im polizeilichen Alltag und bei besonderen Ereignissen sowie die Optimierung des operativen Informationsaustauschs[4].

Im Jahresbericht 2023 wird vor allem die verstärkte multidisziplinäre Zusammenarbeit von Benelux-Union und NRW in der Bekämpfung des Drogenhandels über Post- und Lieferdienste im öffentlichen und privaten Kontext erwähnt[9].

Energie

Bezüglich Energie sind in der politischen Erklärung sowohl der grenzüberschreitende Netzausbau als auch die grenzüberschreitende Energieversorgung zur Sicherstellung der Versorgungssicherheit als Ziele festgelegt[10].

Im Jahresplan 2020 ist einerseits die Teilnahme dreier Einrichtungen aus NRW am BEN!EX erwähnt, außerdem spielen in diesem Kontext auch vor allem die auswärtigen Beziehungen im Rahmen des pentalateralen Energieforums eine Rolle, aber auch die Nordsee-Kooperation wird betont[11]. Ebenso ist das Vorhaben, die Zusammenarbeit mit NRW im Bereich Klimaschutz zu vertiefen festgeschrieben worden[12]. Vor allem wird hier auch der Austausch von zwei stark industrialisierten Regionen als Vorteil betont, so sollen bspw. best practice-Erfahrungen im Bereich Wasserstoff ausgetauscht werden[13].

Der Jahresbericht 2023 stellt eine in diesem Jahr veröffentlichte Studie vor, die feststellen konnte, dass die Benelux-Union mit ihren Partnern, unter anderem NRW, ein wichtiges Zentrum in der europäischen Union für die Entwicklungen im Bereich Wasserstoff ist[14]. Abgesehen von dieser speziellen Kooperation werden auch hier wieder vor allem die Fortschritte mit dem pentalateralen Energieforum und der Nordsee- Kooperation dargestellt[15]. Auch im Rahmen des durchgeführten Benelux-Gipfels war neben den Premierministern der Mitgliedsstaaten der nordrhein- westfälische Ministerpräsident anwesend, um unter anderem über die Aspekte Energie und Klimaschutz zu diskutieren[16].

Arbeitsmobilität

Der Bereich Arbeitsmarkt und Arbeitsmobilität nimmt in der politischen Erklärung von 2019 vergleichsweise viel Raum ein. Übergeordnetes Ziel ist die Stärkung des grenzüberschreitenden Arbeitsmarkts und die Erleichterung der Arbeitsmobilität durch die Fortsetzung der Beratung über die Anerkennung von Berufsqualifikationen, die Bereitstellung von Informationen für Grenzarbeiter sowie die Erhebung und Auswertung statistischer Arbeitsmarktdaten[17]. Außerdem soll Sozialdumping bekämpft werden, in dem die Zusammenarbeit der Arbeitsaufsichtsbehörden gestärkt wird[18]. Auch die Mobilität von Studierenden, Auszubildenden und jungen Berufstätigen soll unterstützt werden, zum Beispiel durch die Entwicklung grenzüberschreitender Studiengänge und der Förderung des Erlernens der Sprache der Nachbarländer[19].

Diese Ziele werden so auch im Jahresplan 2020 aufgeführt[20]. Es gibt hier auch einen extra aufgeführten Punkt zur Kooperation im Bildungsbereich[21]. NRW ist mit einigen anderen Nachbarregionen in Deutschland und Frankreich zusammen Teil einer Kooperation zum Lehren der Sprachen der Nachbarländer[22]. Es wird betont, dass konkrete Maßnahmen bestimmt und koordiniert werden müssen, um Fortschritte im Bereich Arbeitsmobilität erzielen zu können[23]. Ebenso wird das Sprachenlernen als zentraler Punkt herausgestellt, das den grenzüberschreitenden Arbeitsmarkt, den kulturellen Austausch und den Bildungsbereich stimulieren kann[24].

Im Jahresbericht 2023 wird die Arbeitsmobilität als eines der Themen des Benelux-Gipfels genannt[25]. Weiterhin ist die automatische Anerkennung von Bildungsabschlüssen Thema, allerdings in Hinblick auf das entsprechende Abkommen mit den baltischen Staaten[26].

Aktueller Stand

Vor dem ausgeführten Hintergrund soll nun in aller Kürze erörtert werden, welchen Stellenwert die Kooperation zwischen Benelux-Union und NRW im aktuellen Jahres- und Mehrjahresplan einnimmt, um einen Eindruck von den aktuellen Entwicklungen zu bekommen.

Der Jahresplan für 2025 sieht „konkrete Maßnahmen“ vor, um die Zusammenarbeit zwischen der Benelux-Union weiter zu vertiefen[27]. Projekte betreffen beispielsweise die Bekämpfung illegalen Handels mit CO2-Zertifikaten und darauf abzielende grenzüberschreitende Fahndungsmaßnahmen wie Telefonüberwachung[28]. Des Weiteren sollen Maßnahmen für eine klimafreundliche Entwicklung und eine klimafreundliche Perspektive für die zukünftige Rheinschifffahrt ergriffen werden[29]. Außerdem soll die Nachhaltigkeit im Bereich Chemieindustrie in den Blick genommen werden, dafür soll die Schaffung von Kreislaufwert in den Sektoren chemische Produkte, Batterien, Kreislaufbauwesen und chemisches Recycling gefördert werden[30]. Darüber hinaus soll die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Strafrecht verstärkt werden, um grenzüberschreitende Kriminalität noch weiter einzudämmen[31]. Die Unterstützung des Masterprogramms der Benelux-Studien an der Universität Paderborn trägt nicht nur zur Sichtbarmachung der Benelux-Union bei, sondern stellt auch ein wichtiges Vorhaben im Bereich Arbeitsmobilität dar[32].

Auch im Mehrjahresplan 2025-2028 wird festgehalten, dass die Benelux-Union weiterhin aktiv in die Zusammenarbeit mit den Grenzregionen investieren wird und damit auch die Kooperation mit NRW weiter vertiefen wird[33]. Dazu soll auch untersucht werden, wie Nordrhein-Westfalen auf einer strategischeren Ebene in die Benelux-Kooperation integriert werden kann[34].

Fazit und Ausblick

Die vorangegangene Untersuchung der Kooperation zwischen Benelux-Union und NRW hat ergeben, dass die Benelux-Union diese in jedem Fall als eine ihrer Prioritäten ansieht und dass beiden Parteien viel daran liegt, die Möglichkeiten, die sich aus dieser einzigartigen Form der privilegierten Partnerschaft in unterschiedlichen Bereichen ergeben, voll auszuschöpfen.

Während die Niederlande sich von der Kooperation mit NRW vor allem die Förderung der Laborfunktion der Benelux-Union innerhalb der EU versprach, ging aus Flanderns Empfehlungen hervor, dass daneben großes Interesse daran bestand, mehr politisches Gewicht für die Durchsetzung der eigenen Interessen zu gewinnen.

Untersucht man die Entwicklung der Kooperation so ist festzustellen, dass zu Beginn zwar bereits das Potential für alle Seiten erkannt wurde, jedoch noch nicht ganz geklärt zu sein schien, was die Ziele einer solchen Zusammenarbeit sein könnten und welche Maßnahmen ergriffen werden können. Das ist sicherlich auch auf die Tatsache zurückzuführen, dass eine transnationale Kooperation dieser Art keine bzw. kaum Vorbilder hatte, die zur Orientierung hätten dienen können. Das ist auch eine mögliche Erklärung für die Diskussion um die Formulierung „Beitritt“ aus NRW. Während in der ersten politischen Erklärung eher festgeschrieben wurde, dass es eine wie auch immer geartete Kooperation geben wird, wurde man nach zehn Jahren praktischer Erfahrung in der erneuten Erklärung 2019 deutlich konkreter.

Seit Beginn der Kooperation konnten viele Projekte gemeinsam umgesetzt werden, vor allem im Bereich innere Sicherheit gab es viele innovative Fortschritte. Bezüglich Energie ist festzuhalten, dass zwar vieles in Kooperation mit NRW umgesetzt wird, es sich bei dem deutschen Bundesland aber definitiv nicht um die wichtigste Beziehung der Benelux-Union handelt. Der Bereich Arbeitsmobilität ist sicherlich ein Bereich, in dem Entwicklungen sich durch juristische und bürokratische Aspekte als besonders schwierig gestalten. Trotzdem sind einige Entwicklungen zu verzeichnen, die sich den festgehaltenen Zielen in den Jahresplänen und den politischen Erklärungen annähern.

Bezüglich der eingangs aufgeworfenen Frage, ob die Erwartungen der unterschiedlichen Vertragspartner erfüllt werden konnten, ist zu sagen, dass die Kooperation zwischen Benelux-Union und NRW sicherlich durch ihre Einzigartigkeit die Laborfunktion der Benelux-Union innerhalb der EU weiter verstärkt und festigt. Die Kooperation hat somit auch bedeutenden Anteil an der europäischen Integration.

Die Entwicklung der Kooperation im Zeitraum von 2008 bis 2025 zeigt, dass regelmäßige Beobachtung und Auswertung der Kooperation lohnend sind, genauso wie das regelmäßige Erneuern politischer Erklärungen, um sich gerade angesichts der weltpolitischen Lage der regionalen Zusammenarbeit und gegenseitigen Unterstützung zu verschreiben. Durch die Praxis und die Erfahrung können neue realistische Überlegungen und Zielsetzungen entworfen werden.

Literaturverzeichnis

BENELUX-UNION, Gemeinsames Arbeitsprogramm, Brüssel 2025.

BENELUX-UNION, Jahresplan 2025, Brüssel 2025.

BENELUX-UNION, Plan Annuel 2020, Brüssel 2020.

BENELUX-UNION, Rapport Annuel 2023, Brüssel 2024. BENELUX-UNION/NORDRHEIN-WESTFALEN, Erneuerte politische Eklärung der Regierungen der Mitgliedsstaaten der Benelux-Union und des Landes Nordrhein-Westfalen über die weitere Entwicklung einer engeren Zusammenarbeit, Luxemburg 2019.


[1] Vgl. KLUFT/NUNES/WILMS, Evaluatie, S. 76.

[2] Vgl. BENELUX-UNION/NRW, Erneuerte politische Erklärung.

[3] Vgl. ebd.

[4] Vgl. ebd.

[5] Vgl. BENELUX-UNION, Plan Annuel 2020, S. 18.

[6] Vgl. BENELUX-UNION, Plan Annuel 2020, S. 37.

[7] Vgl. BENELUX-UNION, Plan Annuel 2020, S. 19.

[8] Vgl. BENELUX-UNION, Plan Annuel 2020, S. 24.

[9] Vgl. BENELUX-UNION, Rapport Annuel 2023, Brüssel 2024, S. 14.

[10] Vgl. BENELUX-UNION/NRW, Erneuerte politische Erklärung.

[11] Vgl. BENELUX-UNION, Plan Annuel 2020, S. 8.

[12] Vgl. BENELUX-UNION, Plan Annuel 2020, S. 37.

[13] Vgl. ebd.

[14] Vgl. BENELUX-UNION, Rapport Annuel 2023, S. 15.

[15] Vgl. BENELUX-UNION, Rapport Annuel 2023, S. 23f.

[16] Vgl. BENELUX-UNION, Rapport Annuel 2023, S. 30,

[17] Vgl. BENELUX-UNION, NRW, Erneuerte politische Erklärung.

[18] Vgl. ebd.

[19] Vgl. ebd.

[20] Vgl. BENELUX-UNION, Plan Annuel 2020, S. 29.

[21] Vgl. BENELUX-UNION, Plan Annuel 2020, S. 31.

[22] Vgl. ebd.

[23] Vgl. BENELUX-UNION, Plan Annuel 2020, S. 38.

[24] Vgl. ebd.

[25] Vgl. BENELUX-UNION, Rapport Annuel 2023, S. 30.

[26] Vgl. BENELUX-UNION, Rapport Annuel 2023, S. 31.

[27] BENELUX-UNION, Jahresplan 2025, S. 40,

[28] Vgl. ebd.

[29] Vgl. ebd.

[30] Vgl. ebd.

[31] Vgl. ebd.

[32] Vgl. ebd.

[33] Vgl. BENELUX-UNION, Gemeinsames Arbeitsprogramm 2025-2028, S. 13.

[34] Vgl. ebd.

Bild von Frau Jule Aufderbeck (Autor) & Dr. Uta Loeckx

Frau Jule Aufderbeck (Autor) & Dr. Uta Loeckx

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